sittenwidriges Online-Branchenverzeichnis

Mit dem (leider) üblichen Brachenverzeichnis-Eintrags-Fall hatte sich das LG Wuppertal (9 S 40/14) zu befassen:

Der durch Rücksendung des „Brancheneintragungsantrages“ vom 11.05.2009 (Bl. 14 d.A.) zustande gekommene Vertrag erfüllt die Voraussetzungen an ein wucherähnliches Rechtsgeschäft i.S. des § 138 Abs. 1 BGB. Ein solches erfordert nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sowohl ein objektiv auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung als auch das Zutagetreten einer verwerflichen Gesinnung des Begünstigten (BGH, NJW 2003, 2230, m.w.N.). Ein objektiv auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung liegt vor. Der Leistung der Beklagten in Form einer jährlichen Zahlung von 910,00 € netto steht als Gegenleistung ihr Eintrag in das Internet-Branchenverzeichnis „www.Branche100.eu“ gegenüber. Letztere Gegenleistung ist jedoch quasi wertlos. Eine Internet-Recherche der Kammer vom heutigen Tage hat ergeben, dass das Verzeichnis „www.Branche100.eu“ nach Eingabe der Begriffe „Branchenbuch“, „Branchenverzeichnis“ oder „Gelbe Seiten“ in die (marktführenden) Suchmaschinen Google, Bing und Ask auf den jeweils ersten fünf Suchtrefferseiten nicht erscheint. Mithin stößt ein Internet-Nutzer, der ein Branchenverzeichnis sucht („googelt“) zwar z.B. auf die Internet-Portale „www.gelbeseiten.de“, „www.cylex.de“ oder „www.goyellow.de“, keineswegs aber auf das Angebot der Klägerin. Dabei wäre es für sie ein Leichtes, etwa durch Schaltung von Anzeigen in den genannten Suchmaschinen, eine entsprechende Nutzerzahl zu generieren. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin auf andere Weise Nutzer des Verzeichnisses generieren würde. Der Eintrag in einem Branchenverzeichnis, welches niemand nutzt, ist aber quasi wertlos.

Die verwerfliche Gesinnung der Klägerin folgt hier jedoch eindeutig aus der Verwendung des „Brancheneintragungsantrages“ vom 11.05.2009 als ihr Angebot. Dieses ist ersichtlich darauf angelegt, den Empfänger über den wahren Gegenstand dieses Schreibens und die mit der Rücksendung verbundenen Rechtsfolgen im Unklaren zu lassen. Auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgericht wird verwiesen. Während sich ein „normales“ unaufgefordert zugesandtes Angebot dadurch auszeichnet, den Empfänger von den Vorzügen eines Vertragsschlusses zu überzeugen, wird ihm vorliegend gerade die Kenntnisnahme des Vertragsinhalts schwergemacht. Im Zusammenspiel mit dem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung kann das Verhalten nach Überzeugung der Kammer daher nur den Zweck gehabt haben, die Beklagte zu überrumpeln.

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