Gelegentlich wird im Inkassoverfahren behauptet, die geltend gemachten Anwaltsgebühren für das außergerichtliche Mahnschreiben (1,3 Gebühr nach Ziff. 2300 VV-RVG) seien überhöht, angemessen sei nur eine 0,3 Gebühr nach Ziff. 2301 VV-RVG, da es sich bei dem Mahnschreiben ja um ein „Schreiben einfacher Art“ handelt.
Dogmatisch richtig hat das OLG Brandenburg (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 07.08.2018, Az. 6 U 81/16) entschieden, dass es nicht auf das Schreiben, sondern auf den erteilten Auftrag ankommt:
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Entgegen der Ansicht des Klägers ist der danach erstattungsfähige Betrag nicht auf den 0,3fachen Satz nach Nr. 2301 VV RVG beschränkt. Denn dieser Gebührentatbestand kommt nach gefestigter Rechtsprechung nur zur Anwendung, wenn der dem Rechtsanwalt erteilte Auftrag auf ein Schreiben einfacher Art beschränkt ist; wird ein darüber hinausgehender Auftrag erteilt, steht dem Rechtsanwalt … der gesamte Gebührenrahmen nach VV RVG 2300 von 0,5 bis 2,5 zur Verfügung.
Der dem Beklagten erteilte Auftrag ist regelmäßig nicht auf ein Schreiben einfacher Art beschränkt, vielmehr wird er in der Regel umfassend mit der Einziehung der Forderung beauftragt. Das hat der Kläger nicht bestritten, er hat lediglich in Zweifel gezogen, dass der Beklagte auch eine rechtliche Prüfung vornimmt bzw. mit einer solchen Prüfung beauftragt worden ist. Darauf kommt es aber nicht an. Denn der dem Beklagten erteilte Auftrag umfasst danach jedenfalls auch deren Durchsetzung gegenüber dem Schuldner, die Entgegennahme des Geldes, ggf. die Führung von Verhandlungen oder die Durchführung von Ermittlungen über den Aufenthaltsort und die wirtschaftliche Situation des Schuldners und geht damit über die Abfassung des Mahnschreibens hinaus. Nachdem auch nicht für alle Fälle davon ausgegangen werden kann, dass die dem Inkassodienstleister übertragenen Forderungen nur mit unterdurchschnittlichem Arbeitsaufwand beizutreiben sind, kann der Beklagte auch nicht dazu verpflichtet werden, seine Tätigkeit stets mit einer unterdurchschnittlichen Gebühr abzurechnen.
Entgegen der Ansicht des Klägers kann von dem Auftraggeber, …, auch nicht verlangt werden, in jedem Fall zunächst nur einen eingeschränkten Auftrag zur Abfassung eines einfachen Schreibens zu erteilen. Bei Auftragserteilung ist nicht absehbar, ob es bereits auf das erste Aufforderungsschreiben seitens des Inkassobüros zur Zahlung kommt, denn zu diesem Zeitpunkt ist der Schuldner bereits in Verzug, d. h. hat bereits ein Mahnschreiben erhalten. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch ein Gläubiger einer Entgeltforderung, der die Einschaltung eines Rechtsanwalts für erforderlich und zweckmäßig halten darf, einen Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung in der Regel nicht auf ein Schreiben einfacher Art nach Nr. 2301 VV RVG beschränken muss.