Letter with seal on table

Einschreiben

Gerade eben hat mir die Post ein Übergabe-Einschreiben (Deutsche Post, 4,85 Euro) eines Schuldners ausgehändigt, mit dem dieser zu viel gezahlte Kosten von 3,31 Euro zurückfordert (die er natürlich bekommt).

Warum ein Einschreiben?

Der Absender will den Zugang seines Schreibens bei mir beweisen. Aber tut das ein Einschreiben?

Viele Rechtsfolgen setzen den Zugang einer Willenserklärung voraus, der in § 130 BGB geregelt ist. Zugegangen ist die Erklärung dann, wenn sie dergestalt in den Machtbereich bzw. die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist, dass es nur noch an ihm liegt, von ihr Kenntnis zu nehmen und mit seiner Kenntnisnahme unter normalen Umständen gerechnet werden kann. Der Einwurf der Willenserklärung in meinen Briefkasten bewirkt also den Zugang und löst damit Rechtsfolgen aus, ebenso die Übergabe der Willenserklärung an mich.

Aber tut das ein Einschreiben?

Zugehen muss die Willenserklärung, mit dem Einschreiben wird aber lediglich der Übermittlungsweg (die Zustellung des Briefumschlages) bestätigt, nicht der Zugang der Erklärung selbst. was in den Brief drin war, weiß die Post nicht. Die Rechtsprechung hilft sich hier mit einem sogenannten Anscheinsbeweis: sofern der Empfänger nicht Hinweise auf einen anderen Geschehensablauf schlüssig vortragen kann, geht man davon aus, dass alles normal und wie üblich abgelaufen ist, der übermittelte Briefumschlag also wirklich die Erklärung enthielt wie vom Absender behauptet. Diesen Anscheinsbeweis kann man wie gesagt erschüttern.

Vor Jahren kam ein ein mir unbekannter Mann mit einem verschlossenen, an ihn gerichteten Briefumschlag zu mir und bat darum, dass ich ihn  öffne und den Inhalt bestätige. Drin fand sich – von einer Anwaltskanzlei ausgefertigt – die Kündigung eines Mietvertrages „unter Berufung auf die anliegende Originalvollmacht“. Allerdings: die Originalvollmacht war nicht dabei, was ich dem Mann bestätigen konnte. Er konnte somit durch meine Bestätigung den Anscheinsbeweis des ordentlichen Zugangs der Kündigung mit Originalvollmacht erschüttern und die Kündigung nach § 174 BGB zurückweisen.

Fazit: die Übersendung eines Schreibens – zumal in dem wirtschaftlich sinnlosen Beispiel – per Einschreiben ist im Streitfall nicht hilfreich.

Sicher ist nur die Zustellung durch Gerichtsvollzieher (§ 132 BGB – der Gerichtsvollzieher als Amtsperson steckt nämlich auch die zu übermittelnden Dokumente in den Umschlag) oder durch einen zuverlässigen Boten, der als Zeuge dienen kann. Im öffentlichen Recht wird aus diesem Grund der Zugang von Verwaltungsakten durch das Gesetz fingiert (z.B. § 41 VwVfG).

 

 

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Grützner

    Für den von Ihnen geschilderten rechtlichen Fall und Zweck, ist die Verwendung des Einschreibens mit Übergabe sicher kritikwürdig. Viele Postnutzer kennen sich mit den Details und Feinheiten bei Beweisen kaum oder nicht aus. Der Glaube, ich schicke es per Einschreiben, dann ist alles klar, ist doch weit verbreitet.
    Für andere Zwecke nutze ich persönlich das Einwurfeinschreiben trotzdem. Ein Muster an einen Kunden senden, ein Buch preiswert an einen privaten Käufer oder ein anderes Schreiben. So sieht man zumindest, dass es beim Empfänger eingegangen ist. Ob es dieser, sein Nachbar oder Hund in Empfang genommen hat, weiß man natürlich nicht.

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