Portrait of police dog resting

Die Polizei – der Hilfe-Verweigerer

In rund 5.000 Jahren menschlicher Zivilisationsentwicklung hat sich das Gewaltmonopol des Staates entwickelt:

Die Idee des Gewaltmonopols will, dass die Angehörigen eines Gemeinwesens darauf verzichten, Gewalt (z. B. im Wege der Selbstjustiz) auszuüben. Die Angehörigen verzichten darauf, tatsächliche oder vermeintliche Rechte und Ansprüche durch individuelle Ausübung von Zwang durchzusetzen. Vielmehr überträgt in Deutschland das Volk in Art. 20 GG „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ seinen Schutz und deren Durchsetzung ganz auf die staatlichen Judikativ- und Exekutivorgane; also an Gerichte beziehungsweise Polizei und Verwaltung.
(Wikipedia)

Ein Staat, der das Gewaltmonopol für sich in Anspruch nimmt, muss seinen Bürgern aber für zivilrechtliche Streitigkeiten ebenfalls eine Rechtsschutzmöglichkeit zur Verfügung stellen. Aus dem Rechtsstaatsprinzip iVm Art. 2 Abs. 1 wird daher auch ein allgemeiner Justizgewährungsanspruch abgeleitet (BeckOK GG/Huster/Rux GG Art. 20 Rn. 199).

In Bereich der Zwangsvollstreckung, in dem ich häufig unterwegs bin, heißt das konkret, dass der Staat effektive Mittel zur Durchsetzung gerichtlicher Entscheidungen zur Verfügung stellen muss. Unter anderem findet das Ausdruck in § 758 Abs. 3 ZPO, wonach der Gerichtsvollzieher bei Widerstand des Schuldners Gewalt anwenden und die Unterstützung der Polizei anfordern darf.

In einer Zwangsvollstreckungssache teilt mir nun der Gerichtsvollzieher am AG Dippoldiswalde mit, dass bereits seit 2016 die Polizei diese Amtshilfe für Gerichtsvollzieher bei der Verhaftung von Schuldnern zur Erzwingung der Vermögensauskunft (§ 802g ZPO) generell ablehnt. Also müsste der Schuldner, der sich weigert die Vermögensauskunft abzugeben, mit einem Taxi in die nächste zuständige JVA gebracht werden – vorausgesetzt, der Schuldner steigt in das Taxi ein. Wenn er das nicht macht – oder erst gar kein  Taxi kommt (welcher Taxifahrer würde einen solchen Transport übernehmen?) – Pech gehabt. Der Gerichtsvollzieher geht wieder, die Zwangsvollstreckung scheitert, die staatliche Ordnung ist vor Schuldner und Gläubiger blamiert, gedemütigt und delegitimiert.

Das ist meines Erachtens Staatsversagen, Verabschiedung von einer rechtsstaatlichen Grundlage. Wenn der Gerichtsvollzieher das geltende Recht nicht durchsetzen kann, weil die Polizei eine Unterstützung verweigert, wie soll ich dann den Gläubiger davon abhalten, sein tatsächliches oder vermeintliches Recht auf eigene Faust durchzusetzen? Wie soll der Schuldner auch nur ansatzweise staatliche Organe respektieren? Gerade in Sachsen, gerade im Osterzgebirge.

Ich habe mich daher heute mit einem Brief an das Sächsische Justizministerium und das Sächsische Innenministerium gewandt und um Auskunft gebeten, wie die generelle Verweigerung der Polizei, Amtshilfe bei der Verhaftung von Schuldnern durch den Gerichtsvollzieher zu leisten, mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Auf die Antwort bin ich gespannt und werde diese auch hier veröffentlichen.

Schreiben an das SMdJ und das SMdI

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