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Bloße Förmelei

Manchmal verrennen sich Rechtspfleger und auch Richter bei den (angeblichen) formalen Anforderungen an Anträge. Doch der Reihe nach:

Am 01.01.2018 trat ein neuer § 829a ZPO in Kraft, um den schnellen und effizienten elektronischen Rechtsverkehr zu ermöglichen. Bis dahin war es erforderlich, bei jedem einzelnen Zwangsvollstreckungsauftrag den Original-Vollstreckungstitel in Papierform mit einzureichen. Darauf sollte ab sofort in bestimmten Fällen verzichtet werden können. Soweit hier entscheidend, lautet die Vorschrift:

Im Fall eines elektronischen Antrags zur Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid, …, ist bei Pfändung und Überweisung einer Geldforderung (§§ 829, 835) die Übermittlung der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides entbehrlich, wenn

1….
4.der Gläubiger versichert, dass ihm eine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides und eine Zustellungsbescheinigung vorliegen und die Forderung in Höhe des Vollstreckungsantrags noch besteht.

Am 30.06.2021 beantragten wir daher für einen Mandanten beim AG Riesa auf elektronischem Weg den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, der Vollstreckungsbescheid war in Kopie beigefügt und im Anschreiben war die erforderliche Versicherung abgegeben.

Nun meinte allerdings der Rechtspfleger am AG Riesa, diese Versicherung sei nicht ausreichend. In der Versicherung selbst müssten zusätzlich nochmal Gericht, Aktenzeichen und Datum des Vollstreckungstitels angegeben sein.

Dazu muss die Erklärung eindeutig erkennen lassen, auf welchen Titel konkret sie sich bezieht. Dazu sind in der Erklärung Datum, Erlassgericht und das Aktenzeichen des Vollstreckungstitels anzugeben. Lediglich ein allgemeines Schreiben beizulegen, ist keinesfalls ausreichend. Bei dieser Vorgehensweise ist nicht davon auszugehen, dass der Abgabe der Erklärung nach § 829a Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Prüfung vorangeht.

Das hielt ich für Unsinn: warum sollten diese Angaben alle nochmal wiederholt werden, obwohl der Vollstreckungstitel in Kopie doch beilag, aus dem sich alles ergab? Allerdings blieb auch der Rechtspfleger hart und wies wegen des formalen „Mangels“ den Vollstreckungsantrag zurück (AG Riesa 09.08.2021, Az. 422 M 950/21). Nächste Station: Landgericht. Dieses unterstützte die Auffassung des AG Riesa und wies die sofortige Beschwerde zurück, ließ aber antragsgemäß die Rechtsbeschwerde zu (LG Dresden 26.11.2021, Az. 2 T 504/21).

Der nun mit der Rechtsbeschwerde angerufene BGH entschied in der Sache selbst nicht, hob die landgerichtliche Entscheidung aber auf und verwies die Sache an das Landgericht Dresden zurück, weil beim Landgericht anstelle des zuständigen Richterkollegiums ein Einzelrichter entschieden hatte und damit das Verfassungsverbot des gesetzlichen Richters verletzt sei (BGH 23.03.2022, Az. VII ZB 71/21).

Das nunmehr wieder zuständige LG Dresden tat sich schwer mit einer Entscheidung. Erst nach mehrfacher Erinnerung wurde am 23.03.2023 der Beschluss des AG Riesa aufgehoben und „das AG Riesa angewiesen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts über den Antrag … zu entscheiden“ (LG Dresden 23.03.2023, Az. 2 T 504/21). Das Gericht führt aus:

Die Wiederholung der konkreten Angaben zum Vollstreckungsbescheid würde aber eine bloße Förmelei darstellen, da hier eindeutig zu erkennen ist, dass sich die Gläubigerin auf den im Antrag angegebenen Vollstreckungsbescheid bezieht.

Damit wird die willkürliche Formanforderung des AG Riesa zurückgewiesen.

 

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